Eine deutsche Kindergeschichte
Drama
Eine deutsche Kindergeschichte
Drama
Bewertung und Kritik von
Filmfan "bebogi" am 16.08.2010Wie Gewalt entsteht
Eine Wucht von einem Film. Brachial, gestanzt, durchkomponiert wie ein Theaterstück von Gerhard Hauptmann. Nur, dass die Antworten nicht vorgegeben werden.
Wir sehen eine verlorene Generation. Die alten Werte funktionieren nicht mehr. Aber die Mechanismen, die diese Werte eigentlich hervorbringen sollten, sind noch aktiv. Das weiße Band ist das Symbol der Reinheit, die geboren wird durch Wohlverhalten. Dieses Wohlverhalten soll erreicht werden durch brutalen Druck. Durch moralischen, psychischen Druck bei den Pfarrerskindern, durch physischen Druck bei denen des eigentlich sehr jovialen Verwalters. Und durch Anpassungsdruck in der innerlich schwer beschädigten Familie des Arztes. Die Familie des armen Tagelöhners fällt dabei ein wenig aus der Reihe, denn sie steht für den erwachenden Kommunismus. Und natürlich die Familie des Barons, dessen gutsherrliches System aber ebenfalls auseinanderfällt. Der Lehrer verkörpert den wohlmeinenden Part, der zu verstehen beginnt, aber scheitert und sich fügt. Am Ende verschließt das alte System mit voller Absicht die Augen vor dem Monster, das da in seiner Mitte, ja an seinem eigenen Tisch, aufgestanden ist und gibt die Zukunft damit vollends preis.
Jede Figur im Film verkörpert eine ganze Bevölkerungsgruppe in Deutschland am Vorabend des ersten Weltkriegs. Das ist, nach meinem Eindruck, gut gelungen. Wenn Haneke mit seiner Beschreibung recht hat, dann ist der Nationalsozialismus entstanden auch auf der Grundlage einer flächendeckenden Erziehung mit brutaler Gewalt. Die Kinder ihrerseits haben sich auf ihre Weise mit eigener Gewalt Luft verschafft. Das aber hat sie ebenfalls dem Untergang geweiht.
ungeprüfte Kritik